Rudert El Salvador beim Bitcoin-Gesetz zurück?
El Salvador soll kurz vor einer Einigung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über ein Darlehensprogramm in Höhe von 1,3 Milliarden US-Dollar stehen. Laut einem Bericht der Financial Times wird das Abkommen wirtschaftliche Reformen, Änderungen an der Bitcoin -Politik des Landes und eine Haushaltskonsolidierung umfassen. Ziel sei es, so die FT, die finanzielle Stabilität zu sichern und den Zugang zu internationalen Kapitalmärkten zu erleichtern.
Bitcoin-Politik: Von Pflicht zur Freiwilligkeit
Ein zentraler Bestandteil der Vereinbarung sieht vor, die verpflichtende Akzeptanz von Bitcoin als Zahlungsmittel aufzuheben. Unternehmen sollen künftig selbst entscheiden können, ob sie Bitcoin als Zahlungsmethode akzeptieren möchten oder nicht. Diese Änderung folgt der anhaltenden Kritik des IWF, der El Salvadors Entscheidung, Bitcoin 2021 als gesetzliches Zahlungsmittel einzuführen, als Risiko für die finanzielle Stabilität eingestuft hatte.
Trotz dieser Anpassung bleibt Bitcoin weiterhin ein gesetzliches Zahlungsmittel. Matthew Sigel, Leiter der Abteilung für „Digital Asset Research“ beim Vermögensverwalter VanEck, kommentierte:
Selbst wenn El Salvador die verpflichtende Akzeptanz von Bitcoin aufhebt, bleibt es legales Zahlungsmittel – ähnlich wie der Euro in Montenegro oder der kanadische Dollar in britischen Überseegebieten. Eine solche Flexibilität ist eine weltweit übliche Praxis.
Matthew Sigel
Die Einführung von Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel hatte international für Aufsehen gesorgt, stieß jedoch im Inland aber ohnehin auf Zurückhaltung. Die meisten Salvadorianer bevorzugen weiterhin den US-Dollar, der in dem mittelamerikanischen Land ebenfalls gesetzliches Zahlungsmittel ist.
Die vermeintliche „Pflicht“, als Unternehmen Bitcoin akzeptieren zu müssen, war bereits von Beginn an Gegenstand von Fehlinterpretationen und wurde in der Praxis kaum durchgesetzt. Wie das Team von Blocktrainer.de während mehrerer Aufenthalte in El Salvador selbst beobachten konnte, akzeptiert nur eine geringe Anzahl an Geschäften tatsächlich Bitcoin. Aber niemand wird bestraft, wenn er die Annahme ablehnt. Zwar sieht das Gesetz vor, dass Wirtschaftsteilnehmer Bitcoin annehmen müssen, sofern sie dazu in der Lage sind. Artikel 7 des Gesetzes wird jedoch durch Artikel 8 und 12 ergänzt, die beispielsweise alternative Mechanismen wie die sofortige Umwandlung von Bitcoin in US-Dollar erlauben. Das bedeutet: Unternehmen können zwar Zahlungen in Bitcoin erhalten, haben aber die Option, diese in Echtzeit in die etablierte Währung umzuwandeln.
Präsident Nayib Bukele hat wiederholt betont, dass Bitcoin keine verpflichtende Alternative ist, sondern lediglich eine zusätzliche Option darstellt. Niemand wird gezwungen, die Kryptowährung aktiv zu nutzen. Der Staat hat sich darauf konzentriert, die Infrastruktur bereitzustellen, damit Bitcoin-Transaktionen technisch möglich sind, wenngleich die eigene „Chivo Wallet“ sicherlich noch immer verbesserungswürdig ist.
Was die Änderung tatsächlich bedeutet
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die wohl geplante Lockerung der Vorschrift – Bitcoin nicht mehr verpflichtend anzunehmen – in der Praxis wenig verändern dürfte. Die Realität in El Salvador zeigt, dass Bitcoin bereits heute von den meisten Händlern nicht akzeptiert wird, ohne dass daraus Konsequenzen entstehen. Wichtig bleibt jedoch, dass die Option weiterhin besteht, Bitcoin als Zahlungsmittel zu nutzen, wenn man dies möchte. Die Anpassung der Gesetzgebung formalisiert somit lediglich den bereits existierenden Status quo und dürfte vor allem darauf abzielen, internationale Bedenken – insbesondere seitens des IWF – zu adressieren.
Dennoch kann es natürlich sein, dass einige Unternehmen, insbesondere „global Player“, wie Starbucks oder McDonalds, die sich durch das Gesetz verpflichtet gefühlt haben, Bitcoin zu akzeptieren, die BTC -Option bei „klarer Freiwilligkeit“ eventuell wieder aus den Zahlmöglichkeiten streichen. Dies wird die Zeit zeigen müssen.
Der Kern von El Salvadors Bitcoin-Strategie lag ohnehin nie darin, möglichst viele Unternehmen und Personen dazu zu bewegen, Bitcoin als alltägliches Tauschmittel zu verwenden. Vielmehr setzt die Regierung auf BTC als langfristiges Sparvehikel. Dieses Konzept zahlt sich bisher aus: Mit einem aktuellen Buchgewinn von über 500 Millionen US-Dollar auf die Bitcoin-Investitionen steht das Land trotz anfänglicher internationaler Skepsis gut da. Auch die zu Beginn kritisierte mangelnde Transparenz über die staatlichen Bitcoin-Bestände wurde behoben – El Salvador ermöglicht mittlerweile das Tracking der staatlichen Position .
Zusätzlich hat die Einführung von Bitcoin positive wirtschaftliche Nebeneffekte bewirkt. Der Tourismus im Land erlebte einen deutlichen Aufschwung, was nicht zuletzt der internationalen Aufmerksamkeit und dem Image als Vorreiter in der Krypto-Welt zu verdanken ist. Auch die allgemeine Wirtschaftsleistung stieg, was Banken wie Santander dazu veranlasst hat, das Investitionspotenzial El Salvadors hervorzuheben. Somit zeigt die Bitcoin-Strategie, dass sie über ihre Rolle als Zahlungsmittel hinaus tiefgreifende wirtschaftliche Impulse für das Land bietet.
Zwischen Bitcoin-Strategie & IWF
Die Berichte über einen möglichen 1,3 Milliarden US-Dollar schweren Kreditdeal mit dem IWF werfen nur bedingt ein neues Licht auf El Salvadors wirtschaftliche Strategie. Sollte das Abkommen zustande kommen, würde es wohl die internationale Integration des Landes stärken und zusätzliche Mittel für die wirtschaftliche Entwicklung bereitstellen. Allerdings basiert der Bericht der Financial Times bislang auf Informationen von anonymen Quellen und vertrauten Personen, ohne dass ein offizielles Statement der Regierung oder von Präsident Nayib Bukele selbst vorliegt. Es bleibt daher abzuwarten, ob und in welcher Form die Bedingungen des Deals tatsächlich umgesetzt werden.
Wesentlich ist, dass die Bitcoin-Strategie El Salvadors – trotz möglicher Anpassungen des rechtlichen Rahmens – nicht grundsätzlich infrage gestellt wird. Der Fokus der Regierung liegt wohl weiterhin auf Bitcoin als langfristigem Sparvehikel und auf der Nutzung der Kryptowährung als Instrument zur Förderung von wirtschaftlichem Wachstum und internationaler Aufmerksamkeit.
Sollte der IWF-Deal realisiert werden, könnte dies El Salvadors wirtschaftliche Stabilität und Kreditwürdigkeit weiter verbessern. Von daher wäre der Schritt, eine Änderung vorzunehmen, die ohnehin nur auf dem Papier eine ist, durchaus nachvollziehbar.
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